2. Kreatives Lesen und Schreiben

Video zum Einstieg

Worum geht es beim kreativen Lesen und Schreiben? Dazu gebe ich im Video einen ersten Überblick:

Wie funktioniert kreatives Lesen und Schreiben?

Wie im Einstiegsvideo dargestellt, geht es bei kreativem Lesen und Schreiben in einer Kultur der Digitalität vor allem darum, Verbindungen, Verknüpfungen und Erweiterungen herzustellen – und auf diese Weise einen neuen bzw. anderen Blick auf einen Lerninhalt zu bekommen. Grundsätzlich ist dieses Prinzip dem Internet durch seine Verlinkungs-Struktur innewohnend. Wie sich dieses Prinzip im Rahmen von Lernen aufgreifen und vertiefen lässt, möchte ich anhand der folgenden exemplarischen Tools und Methoden zeigen:

Twine

Twine ermöglicht die Gestaltung von interaktiven Texten in einem wiki-artigen Stil. Interaktivität bedeutet in diesem Fall, dass jeder Textbaustein mit anderen Textbausteinen verknüpft werden kann. Hauptsächlich ist Twine dazu gedacht, interaktive Geschichten und Spiele zu erstellen. Ebenso lässt sie sich aber auch für die Gestaltung von Tutorials nutzen. In all diesen Fällen muss analysiert werden, welcher Inhalt mit welchem anderen Inhalt verbunden werden soll, welcher Gedankenstrang an welcher Stelle weitergeführt wird und wie man durch ein bestimmtes Themengebiet navigieren kann … Eine ausführliche Beschreibung von Twine – inklusive möglicher pädagogischer Einsatzideen findest Du hier.

Mindmaps

Ähnlich wie Verbindungen im Wiki-Stil gestaltet werden können, geht das auch mit Mindmaps. Spannend an digitalen Mindmaps ist die oben für Text dargestellte kontinuierliche Bearbeitbarkeit. Auf diese Weise lassen sich immer wieder neue Verbindungen und Verästelungen aufbauen, andere löschen und ganze Bereiche insgesamt verschieben. Ein Tool, bei dem das wunderbar umgesetzt ist, ist das sich in Entwicklung befindliche Kinopio. Es bietet eine freie Oberfläche für flexible Einträge (mit Text, Bildern und Links). Spannend ist vor allem die Möglichkeit, Verbindungen zwischen einzelnen Elementen mit unterschiedlichen Beschreibungen zu bezeichnen – und die Mindmap dann entsprechend zu filtern. Hier kannst Du das Tool ausprobieren.

Neben einer solchen eher klassischen Mindmap lassen sich Verbindungen auch mithilfe von Whiteboards erkunden und herstellen. Für unterschiedliche Themen umsetzbar ist z.B. die Gestaltung eines Kreises mit unterschiedlichen Begriffen zum behandelten Themengebiet. Lernende sind dann gefragt, die Verbindungen zwischen den Begriffen herzustellen, die ihnen besonders relevant erscheinen. Hier ist ein Beispiel, das ich in einer Fortbildung zum Thema ‚Lernen in einer Kultur der Digitalität‘ umgesetzt habe:

Workshop-Ergebnis von Lernenden

Explorables

‘Explorables’ ist die Abkürzung für ‘Explorable Explanations’. Es handelt sich dabei um interaktive Darstellungen, die es Nutzenden erlauben, sich ein komplexes Thema durch Erkunden selbst zu erschließen. Ich mag z.B. sehr gerne die Explorables von Nicky Case, z.B. diese interaktive Erkundungsreise, warum Fake News oft so rasant schnell verbreitet werden.

Zum Lernen besonders wirkungsvoll ist es natürlich, wenn man solche Explorables nicht nur erkundet (= Lesen), sondern auch selbst erstellt (= Schreiben). Einen ersten Einstieg, wie das aussehen kann, lässt sich mit dem Kreislauftool gewinnen. Ganz simpel kann man hier aufzeichnen und animieren, wie etwas mit etwas anderem zusammenhängt. Ausführlich ist das Kreislauftool hier beschrieben.

Zufallsgeneratoren

Zufallsgeneratoren lassen sich wunderbar als Impuls zum kreativen Schreiben nutzen. Digitale Zufallsgeneratoren in einer Kultur der Digitalität haben hier noch einmal deutlich mehr Verbindungs- und Vernetzungspotential wie analoge Zufallsgeneratoren (z.B. würfeln oder losen). Beispielhaft möchte ich hier auf den Sprichwortrekombinator, den englischsprachigen Slogan-Generator oder den Personaerfinder hinweisen. Neben solchen überwiegend textbasierten Tools lassen sich natürlich auch Tools wie z.B. dieser Phantasiekarten-Ersteller als kreativer Schreibanlass nutzen.

Welche weiteren Ausprägungen von kreativem Lesen und Schreiben gibt es?

Im oberen Abschnitt habe ich eher funktionale Tools vorgestellt. Noch viel umfassender prägt Kreativität die Art und Weise des Lesens und Schreibens in einer Kultur der Digitalität, wenn man Netzkultur in den Blick nimmt. Das lässt sich am Beispiel von Memes verdeutlichen:

Beim Schreiben dieses Lernmoduls im April 2021 ist es erst wenige Wochen her, dass die EverGiven den Suez-Kanal blockierte und es eine riesige Anzahl von Bildern gab, auf der das riesige Frachtschiff und der winzige Bagger zu sehen waren, wobei Bagger und Frachtschiff jeweils unterschiedlich betitelt wurden. Hier ist ein Beispiel:

Solche Darstellungen bezeichnet man in der Netzkultur als ‚Memes‘. Ihre Bedeutung und ihren Witz erhalten sie nicht nur durch das jeweils einzelne Bild – sondern vor allem dadurch, dass es eine Vernetzung/ Verbindung gibt, weil es zahlreiche unterschiedliche Betitelungen des identischen Bildes gibt.

Wer sich auf der Social Media Plattform TikTok umsieht, der wird diesen Meme-Charakter der Netzkultur auch in weiteren medialen Formaten entdecken: Audio- oder Videoclips werden hier wieder und wieder in einen anderen Kontext gebracht.

Neben dem kreativen Schreiben und Lesen mithilfe von Verknüpfungs- und Vernetzungstools steht zeitgemäße Pädagogik somit zusätzlich vor der Herausforderung, Netzkultur-Kommunikation wie sich z.B. in Form von Memes zeigt zu erkunden.

Es gibt eine riesige Vielzahl von Meme-Makern im virtuellen Raum. Ältere Schülerinnen und Schüler werden wahrscheinlich ein eigenes Lieblings-Tool haben. Ansonsten empfehle ich zwei Open Source Tools, um Memes im Unterricht zu erstellen und zu nutzen.

  • MeinMeme.de ist meine Installation und Übersetzung eines sehr nützlichen Open Source Codes (Github-Quelle hier). Es ermöglicht den Upload und die Beschriftung eines selbst gewählten Bildes. Die Website bietet eine werbe- und ablenkungsfreie Umgebung und speichert keinerlei Daten der Nutzenden über die direkte Nutzungszeit hinaus. Auch das hochgeladene Bild wird nur im Browser temporär gespeichert. Auf diese Weise kann bei der Nutzung von MeinMeme.de auch in unteren Klassen kaum etwas schief gehen.
  • Memegen.Link ist eine auf einem OpenSource Code basierende Möglichkeit, ein Meme via URL zu generieren. Dazu gibt es verschiedene Zeichen, die in die URL eingefügt werden müssen. Das einfachste Meme setzt sich aus den folgenden Bestandteilen zusammen: Zuerst ‚https://memegen.link/custom/‘ (= damit wird angezeigt, dass ein Meme erstellt werden soll mit einem eigenen Bild), danach der Text für oben und unten mit einem / dazwischen. Dann .jpg um das Bild zu generieren. Und abschließend ?alt=meine-bildadresse.jpg. Probiere zum Beispiel einmal diesen Memegenlink aus: https://memegen.link/custom/Wie_cool/ein_meme_via_url.jpg?alt=https://cdn.pixabay.com/photo/2015/10/12/15/01/cat-984097_960_720.jpg. Wer auf voreingestellte Bilder zurückgreifen will oder ein Meme ganz normal mit einer Eingabemaske erstellen will, findet hierzu auf der Website ebenfalls Möglichkeiten.

Sehr einfach im Handling, aber nicht tracking- und werbefrei, ist zudem die Website ImgFlip. Hier finden sich populäre Meme-Templates, die direkt mit eigenen Beschriftungen versehen werden können.